30. Dezember 2011

Going To A Town

Going To A Town war die erste Single von Rufus Wainwrights fünftem Studioalbum, "Release The Stars". Der Song entstand sehr spontan und innerhalb kürzester Zeit, während Wainwright ein bisschen am Klavier 'herumspielte'. Er brach einfach aus ihm heraus. Going To A Town entstand während der Bush-Ära und wurde 2007 veröffentlicht. Wainwright macht hier seinem Frust gegenüber seiner US-amerikanischen Heimat ungeschminkt Luft. Von der Homophobie über die Kriegstreiberei im Namen Jesu' bis hin zur Selbstgerechtigkeit und Arroganz selbst gegenüber Verbündeten, listet er die Verfehlungen des Landes auf.

Begleitet wurde die Single von einem bildgewaltigen Video, in dem die USA als Rosenstrauß - "schön aber dornig" - dargestellt wird. Dieser geht dann später in Flammen auf, was einen Reinigungsprozess symbolisiert.

Anfangs eher direkt und schnörkellos (während die Verfehlungen aufgezählt werden), wird die Musik später (als er seine Bedürfnisse kundtut) etwas langsamer und von sehr langen Tönen geprägt und steigert die Dramatik bis hin zu einem furiosen Ende. Und auch hier ist es nicht zuletzt seiner ausdrucksvollen Stimme zu verdanken, dass man ihm jedes Wort glaubt.

Der Song wird übrigens neuerdings von George Michael in seinen Konzerten gecovert.


18. Dezember 2011

Little Sister

Dieser Song zeigt am eindrucksvollsten, warum Rufus Wainwrights Musik manchmal als Barockpop bezeichnet wird. Die Studioversion weist eine opulente Orchestrierung mit vielen Streichern auf. Die Melodie ist ebenso opulent. Live, nur mit Klavierbegleitung, verliert der Song kaum etwas vom barocken Feeling.

Bei der "kleinen Schwester", an die sich der Text des Songs richtet, denkt man am ehesten an seine drei Jahre jüngere Schwester Martha, mit der er aufgewachsen ist und von klein auf Musik gemacht hat. Wainwright hat aber noch zwei Halbschwestern.

Laut Aussage Wainwrights ist die Bedeutung jedoch universeller. Es gehe um alle weiblichen Entertainer, die es schwerer haben, als ihre männlichen Kollegen, und manchmal "ihre Hüften als Futtter" benutzen müssen, um voranzukommen. Es ist auch eine Referenz an Mozart, dessen (wenn auch ältere) Schwester als Kind mit ihrem Bruder auf Konzertreise ging und eine hervorragende Pianistin war, der aber eine Karriere nicht vergönnt war.


15. Dezember 2011

Kurztour

Im nächsten Frühjahr kommt Rufus Wainwright für fünf Konzerte nach Europa. Am 25. April ist er in Berlin, im Konzertsaal der Universität der Künste. Der Vorverkauf läuft und Karten gibt es hier: http://mct.tickets.de/de/customer/events/1910-Rufus_Wainwright_and_Band

Nachtrag: Unglaublicherweise ist das Konzert - das bisher einzige bekannte Deutschlandkonzert dieses Jahr - dreieinhalb Wochen vorher noch nicht ausverkauft. Kurzentschlossene, greift zu! Der Konzertsaal ist ein überschaubarer Ort (gut 1.200 Sitze) und Karten gibt es ab 30,80 €.

4. Dezember 2011

Dinner At Eight

Es ist ja Tradition bei Familie Wainwright, private Dinge in Songs zu verarbeiten. Angefangen damit hat wohl Vater Loudon, spätestens nachdem er die junge Familie verlassen hatte. Mutter Kate zog damals mit Sohn Rufus und Tochter Martha in ihre Heimatstadt Montreal - und antwortete auf die musikalischen Botschaften ihres Ex-Mannes ebenfalls mit Songs. Was die Eltern angefangen hatten, führten die Kinder später fort.

"Dinner At Eight" entstand nach einem heftigen Streit, den Rufus mit seinem Vater hatte. Nach einem gemeinsamen Fotoshooting für ein Musikmagazin, das anlässlich des Erscheinens seines Debütalbums stattfand, buhlte Rufus anscheinend etwas zu sehr um die Anerkennung seines Vaters und dieser reagierte mit Eifersucht.

Rufus packte all seinen aufgestauten Frust in einen Song, schrieb, immer derjenige zu sein, der fortgeschickt wird, was sich vermutlich auf den Umzug nach Montreal nach der Scheidung seiner Eltern bezieht und darauf, auf ein Internat geschickt worden zu sein. Er fordert darin seinen Vater sogar zum Duell heraus. Doch am Ende kommt auch die Erkenntnis oder zumindest das Wunschdenken zum Ausdruck, dass sein Vater ihn liebt.

"Dinner At Eight" verschwand erst mal für ein paar Jahre in der Schublade. Rufus hielt den Song für zu persönlich, um ihn zu veröffentlichen. Während der Arbeit an "Want One" tauchte er wieder auf und er nahm ihn mit ins Studio. Er spielte die Aufnahme seinem Vater vor und fragte ihn nach seinem Einverständnis, den Song zu veröffentlichen. Dieser stimmte zu; schließlich hatte er ja mit diesem "Spiel" angefangen. Wer austeilt muss eben auch einstecken können.

Youtube:

iTunes:

26. November 2011

Want

"Want" ist ein sehr ruhiger, dezent folkiger Gitarrensong, was einen daran erinnert, dass Wainwright aus einer Familie von Folkmusikern kommt.

Dieser Song ist sehr introspektiv und hat fast schon etwas Hypnotisches. Er entstand, nachdem Wainwright seine Drogenreha hinter sich hatte, zu einer Zeit also, als er sich notwendigerweise viel mit seinem Inneren beschäftigt hatte. Er war dabei, seinen Weg in ein drogenfreies Leben zu finden. "Want" handelt davon, wie Wainwright sich dieses Leben vorstellte, was ihm wirklich wichtig war.

Der Song drückt die Sehnsucht nach Einfachheit, Bescheidenheit und Liebe aus. Und nach dem Schoß der Familie, danach, Teil des Familiengeschäfts zu sein, sein Vater und seine Mutter als Vorbild.

http://www.youtube.com/watch?v=J_Czn3eJXp8

Erfreulicherweise bietet der iTunes Store neuerdings neunzig Sekunden lange Ausschnitte. Da lohnt es sich, in den Store zu gehen (über den Link rechts vom Song) und von dort aus in die Albumversion reinzuhören.
Want - Want One

22. November 2011

Je Suis Venu Te Dire Que Je M’en Vais

"From Gainsbourg To Lulu" heißt ein neu erschienenes Album, auf dem Lulu Gainsbourg Songs seines Vaters Serge Gainsbourg präsentiert. Und damit er nicht alles alleine singen muss, hat er sich prominente Verstärkung geholt.

Dabei ist auch Rufus Wainwright, der einen Chanson namens "Je Suis Venu Te Dire Que Je M’en Vais" singt. Ein wirklich hübsches Lied und Wainwrights Französisch ist flüssig, was nicht verwundert bei jemandem, der in Montreal aufgewachsen ist.

Das komplette Lied kann man hier anhören:
http://stereogum.com/886181/hear-serge-gainsbourg-covers-from-rufus-wainwright-iggy-pop-shane-macgowan-johnny-depp/mp3s/

16. November 2011

Neues Album

Kommendes Frühjahr soll das 7. Studioalbum von Rufus Wainwright erscheinen. Wie er bei einem Konzert am 12. November in Ottawa verkündete, soll es Out of the Game heißen. Als Produzent mit im Boot ist Mark Ronson, der unter anderem mit Amy Winehouse gearbeitet hat. Die gespannte Vorfreude auf dieses Album sollte einem doch durch den Winter helfen.

13. November 2011

Memphis Skyline

Jeff Buckley ertrank 1997 beim Schwimmen in einem Seitenarm des Mississippi außerhalb von Memphis, Tennessee. Buckley und Wainwright hatten sich einige Monate vorher getroffen, als Buckley während eines Auftritts Wainwrights spontan bei technischen Problemen half.

Später widmete Rufus Wainwright Jeff Buckley diesen Song. In Memphis Skyline fleht Wainwright förmlich, Buckley möge umkehren und bleiben. Das Lied enthält auch eine Referenz zu Leonard Cohens Song "Hallelujah", den zuerst Jeff Buckley und später Rufus Wainwright - für den Soundtrack zum Film Shrek - aufnahm.

Bemerkenswert an diesem Song ist auch die Struktur. Wie viele Songs Wainwrights folgt er nicht der gewöhnlichen Abfolge von Strophe - Refrain. Die Melodie ist geradezu schmerzlich schön - dem Thema des Liedes angemessen. Gegen Ende wird Wainwrights Flehen von einem längeren Klaviersolo unterbrochen, das die Dramatik und Wehmut des Songs noch verstärkt.

http://www.youtube.com/watch?v=GmTEbzvfd08

6. November 2011

11:11

Zu Rufus Wainwrights Repertoire zählen auch viele Gitarrensongs. Ein paar der schönsten erschienen auf seinem dritten Album Want One. Die Melodie von 11:11 erscheint beim ersten Hören vielleicht unscheinbar. Aber mit jedem weiteren Mal erschließen sich einem all die Nuancen, die diesen Song so träumerisch schön machen.

In diesen Nuancen und Details und in der Art, wie Wainwright diese mit seiner Stimme rüberbringt, liegt das Geheimnis vieler seiner Songs. Hinzu kommt auf den Studioversionen oft noch eine einfühlsame Instrumentierung bzw. Orchestrierung. Was aber gerade auch diesen Song so besonders macht, sind die vielen langen Töne. Das gibt seinen Songs so etwas schwelgerisches.

Zum Mitschwelgen geht es hier lang:
http://www.youtube.com/watch?v=zjxSxl9CC8o
11:11 - Want One

Der Song handelt übrigens von 9/11.

1. November 2011

Millbrook

Millbrook School ist ein privates Internat im Staat New York. Seine Eltern nahmen Rufus Wainwright von der High School in Montreal und schickten ihn dort hin, nachdem der knapp 15-Jährige angefangen hatte, sich wann immer er konnte in die Welt der Oper zu flüchten. Er vergrub sich in seinem verdunkelten Zimmer und gab sich der Musik hin. Was sie nicht ahnten, war, dass der Auslöser dafür ein brutaler sexueller Übergriff eines Fremden gewesen war. Sein Vater, Loudon Wainwright III, soll einen beträchtlichen Teil seines Einkommens dafür aufgewendet haben, seinen Sohn auf diese Schule zu schicken. Rufus genoss wohl die Idylle, wie er später in einem Video zum 75-jährigen Jubiläum der Schule sagte, und machte dort 1991 seinen Abschluss.

Dieser Schule widmete er einen zauberhaften Klaviersong, der auf seinem Debutalbum erschien.
http://www.youtube.com/watch?v=zHeEmWcz1YM

31. Oktober 2011

In A Graveyard

Auch Planet Rufus hat zum heutigen Halloween etwas schaurig-schönes beizutragen. Naja, mehr schön als schaurig ehrlich gesagt. Aber definitiv romantisch. "In A Graveyard" ist kaum länger als zwei Minuten und erzählt von einem Besuch auf einem Friedhof.

http://www.youtube.com/watch?v=56ACb0ka1Ck

28. Oktober 2011

Früh übt sich

Als Rufus Wainwright 14 Jahre alt war, schrieb seine Mutter, Folkmusikerin Kate McGarrigle, zusammen mit ihren Schwestern Anna und Jane die Musik zu einem kanadischen Jugendfilm namens Die fantastische Reise auf der Briefmarke. Sie fragte ihren Sohn, ob er nicht ein Lied dazu beisteuern möchte. Also setzte sich Rufus hin und schrieb das Lied "I'm a Running", das er dann im Film auch sang.

Dieser "dumme, kleine Song", wie Wainwright ihn später selbst einmal bezeichnete, brachte ihm Nominierungen für einen Genie Award (Best Original Song) und einen Juno Award (Most Promising Male Vocalist) ein. Dabei handelt es sich sozusagen um die kanadischen Gegenstücke zum Oscar bzw. Grammy Award.

http://www.youtube.com/watch?v=Jucltvt4aLg

25. Oktober 2011

Poses

"Poses" ist der Titelsong von Rufus Wainwrights zweitem Album (auf dem auch "Cigarettes And Chocolate Milk" zu finden ist). Kate Winslet hat ihn mal als Soundtrack ihres Lebens bezeichnet. Er ist so etwas wie das Markenzeichen Wainwrights. Um diesen Song kommt man als angehender Rufus-Wainwright-Fan nicht herum. Der Text ist so überwältigend wie die Musik.

Geschrieben hat er den Song - wie das komplette Album - während eines halbjährigen Aufenthalts im berühmten Chelsea Hotel in New York. Der Song beschreibt die Suche nach Erfolg und Ruhm in einer Stadt wie New York, den Kampf und das Scheitern und die damit verbundenen Ausschweifungen.

Musikalisch gesehen ist dieser Song geradezu magisch. Schon die ersten Klaviertöne nehmen einen gefangen. Die ersten Takte nur mit der rechten Hand gespielt, dann setzt die zweite Hand ein. Wenn dann noch der Gesang einsetzt - diese magische Stimme - ist man hoffnungslos gebannt. No kidding.

http://www.youtube.com/watch?v=OsfEUz2TXWM

Vorsicht, Suchtgefahr!

Er gilt als einer der brilliantesten Songwriter unserer Zeit und als hervorragender Sänger. Seine Musik wird manchmal als Barockpop (baroque pop), Opernpop (opera pop) oder Kammerpop (chamber pop) bezeichnet und ist doch äußerst schwer zu kategorisieren. Sie ist im Grunde genrelos und zeitlos.

Er hat Musik für ein Ballett, für ein Theaterstück und eine klassische Oper komponiert (seine zweite ist in Arbeit). Die New York City Opera veranstaltet kommenden Monat ein Konzert, in dem Opernsänger die Songs seines letzten Albums, All Days Are Nights, aufführen werden.

Unter seinen Bewunderern sind Musiker wie Sting, Elton John, David Byrne und Neil Tennant.

Doch was die Musik von Rufus Wainwright zur Suchtgefahr macht ist weniger die künstlerische Brillianz als ihre Persönlichkeit. Seine Musik ist sehr subjektiv, einfühlsam und von einer großen emotionalen Tiefe und Wärme. Sie ist authentisch und kommt aus tiefster Seele.

Bevor man sich in seine Musik hineinhört, streift man am besten alle Erwartungen und Erfahrungen, die man an bzw. mit Musik hat, ab. Denn was man dann zu hören bekommt ist einzigartig.

Einer seiner bekanntesten Songs - und wie ich finde ein guter Einstieg - ist Cigarettes And Chocolate Milk:
http://www.youtube.com/watch?v=mmo6fHn--DY
Cigarettes and Chocolate Milk - Poses
Ach ja: In dem Song geht es um Sucht.